Die Mühlbachquellhöhle hat viele Facetten.
Jede einzelne davon ist ein Phänomen. Hier die Unterschiede:

Schlote:
Die Schlote der Mühlbachquelle sind eine Welt für sich. Von den Bachläufen der Mühlbachquellhöhle führen unzählige Kamine nach oben. Jeder Kamin stellt von oben gesehen eine mehr oder weniger tiefe Schachthöhle dar, die auch isoliert betrachtet jeden Höhlenforscher begeistern würde. Man könnte fast sagen, innerhalb der Mühlbachquellhöhle gibt es mehr Schachthöhlen als außerhalb in der gesamten Frankenalb. Die Schlöte sind bis über 40m hoch und gehen zumeist in von der Hochfläche kommende Dolinenhöhlen über. Von den bisher erforschten Schlöten besitzen allerdings die Wenigsten eine befahrbare horizontale Ebene. Allzu oft wird das Weiterkommen durch hängenden Verbruch am oberen Ende des Schlotes versperrt, oder das Ausstiegsloch ist nur ein kleiner unbefahrbarer Canyon. Selbst der gewaltige, 40m hohe Ikarusschacht im Ostgang besitzt an seiner Spitze nur eine 3m lange Kammer mit einer anschließenden, hoffnungslos engen Schrägspalte. Größere Horizontaletagen wurden nach bisherigem Forschungsstand nur im Augentropfenschacht und im Überraschungsei erstiegen. Die Kamine gehen oft kerzengerade vom Bachlauf nach oben, die Gesteinsart wechselt vom Bankkalk über in kompaktes Dolomitgestein. Gerade diesen Übergang kann man im Augentropfenschacht sehr deutlich erkennen. An den etwa 20m hohen Schlot im gebankten Kalk mit einem Durchmesser von etwa 3m setzt eine schmale Weiterführung im Dolomitgestein an. Anschließend findet man sich in einer typischen, engen und verschlammten ponorähnlichem Gang wieder, welcher horizontal noch etwa 40m weiterverfolgt werden kann und an einer nur etwa 10cm breiten Röhre mit Luftzug für den Höhlenforscher endet. Eine Neuerschließung eines unbekannten Kamins ist eine sehr aufwändige Prozedur, da man sich hier mühsamst von unten nach oben arbeiten muss. Hierfür ist spezielle Ausrüstung vonnöten. Der Höhlenforscher klettert den Kamin nach oben indem er über überkopf immer wieder Spits bohrt und daran gesichert emporsteigt. Zumeist sind dabei Überhänge zu überwinden und Schlamm und Kälte setzen dem Menschen und der Ausrüstung stark zu.

Mündungsdelta:
Das Mündungsdelta der Mühlbachquellhöhle besteht, gleichsam einem Fluss der ins Meer fließt, aus einer Vielzahl kleinerer Gänge und Verästelungen. Das Wasser teilt sich am Ende der Quellhöhle in mehrere Seitenäste auf, um schließlich in der Ortschaft an zwei Stellen wieder zu Tage zu treten. Verfolgt werden kann der unterirdische Mühlbach im Mündungsdelta bis maximal in die Bröselhalle, die sich 200m Luftlinie vom Quelltopf auf der anderen Talseite entfernt befindet. Der größte Ast des Deltas ist die sogenannte Mühlbachpromenade, ein etwa 3m hoher Spaltengang. Weitere Höhlenabschnitte innerhalb des Mündungsdeltas sind  beispielsweise das sogenannte Digeridoo, die Königskammer und der Reibeisenschluf. Das Digeridoo ist eine sehr große schräg aufwärts verlaufende Halle, die ihren Namen von dem brummenden Geräusch des Wassers innerhalb des Verbruchbodens hat. Zwischen den lufterfüllten Räumen des Deltas befinden sich immer wieder Siphone (komplett wassergefüllte Gangpassagen). Den Zugang vom Mühlbachdelta in den Donnerdom bildet der Hauptgangsiphon am Ende der Mühlbachpromenade. Nur ein schmaler Luftspalt an der Decke erlaubt das Atmen in dem etwa 10m langen Abschnitt und stellt immer wieder von Neuem ein großes Hindernis bei der Höhlenbefahrung dar.

Donnerdom:
Der Donnerdom ist einer der größten und beeindruckendesten Räume der Mühlbachquellhöhle. Hinter dem Hauptgangsiphon öffnet sich die etwa 15m hohe Halle relativ unerwartet. Über eine 6m hohe Wasserfallstufe –welche es zu überwinden gilt- stürzt das gesamte Wasser des Mühlbachs in ein großes Tosbecken. Hier wird die Kraft des Wassers deutlich, denn man kann kaum gegen die starke Strömung ankämpfen.

Canale Grande:
Der sogenannte Canale Grande erstreckt sich vom Donnerdom flussaufwärts, bis sich die Höhle in zwei separate Äste gabelt (Nord- und Ostgang). Der Canale Grande weist ein ausgesprochen schönes Sintervorkommen auf. Im Canale Grande befindet sich ein Datenlogger zur Aufzeichnung forschungsrelevanter Daten wie beispielsweise Temperatur, Leitfähigkeit und Trübung des Wassers.

Jenseitsgang:
Der Jenseitsgang ist ein trockengefallener Höhlenabschnitt, welcher im Canale Grande abzweigt. Er stellt den einstigen Wasserverlauf des Mühlbachs dar und ist nun konstant fast bis zur Decke meterhoch mit Lehm und Schlamm verfüllt. Zu Urzeiten trat also die Mühlbachquelle an einem ganz anderen Ort aus dem Berg heraus, als es in heutiger Zeit der Fall ist. Eine Befahrung des etwa 300m-langen Jenseitsganges ist eine große Herausforderung für den Höhlenforscher, da man sich auf seiner gesamten Strecke nur an zwei kleinen Stellen bücken kann. Der Höhlenforscher robbt also die 300m konstant bäuchlings liegend vorwärts und hat zusätzlich mit sehr dünnflüssigem Lehm und Wasseransammlungen zu kämpfen. Der feine, aber trotzdem sehr kleblige Schlamm zieht sich bis in die letzte Pore der Ausrüstungsgegenstände, so dass man schon bald die Farben seines Höhlenanzugs nicht mehr erkennen kann und die Bewegungsfreiheit enorm eingeschränkt ist. Bohrungen haben ergeben, dass die Lehmverfüllung des Ganges eine Höhe von bis zu 5m hat. Der Jenseitsgang endet an einem hängenden Verbruch, welcher bis heute trotz intensiver Bemühungen nicht überwunden werden konnte. Es besteht vom Jenseitsgang eine Luftzugsverbindung zum Sommerleitenschacht auf der gegenüberliegenden Talseite. Dort ist der ganze Hang teilweise abgerissen und hat vermutlich durch eine unbefahrbare schmale Kluft diesen Gangverlauf der Mühlbachquellhöhle angeschnitten.

Ostgang:
Der Ostgang der Mühlbachquellhöhle führt etwa fünfmal soviel Wasser wie der Nordgang. Am Anfang des Ostgangs befindet sich der 300m-See, eine Höhlenstrecke welche nur mit dem Schlauchboot überquert werden kann. Die Wassertiefe des Mühlbachs beträgt in diesem Abschnitt meist mehr als zwei Meter. Da der Höhlenforscher sich und sein Gepäck stromaufwärts befördern muss, ist dieser Abschnitt oft sehr kräftezehrend. An den 300m-See schließen sich wieder seichtere und großräumigere Gangpassagen ab, wie die Jules-Vernes-Passage oder die Ammonitenhalle. Hinter dem 300m See befinden sich außerdem zahlreiche bis zu 40m hohe Schlote, deren Erforschung noch lange nicht abgeschlossen ist. Im hinteren Teil des (bisher erforschten) Ostgangs  zieht sich in eine ausgedehnte Siphonzone hinein. Bis zu 100m lange Unterwasserstrecken machen die Erforschung der hinteren Teile nur speziell ausgerüsteten und erfahrenen Höhlentauchern zugänglich. Tauchvorstöße im Ostgang sind immer mit einem enormen Zeit- und Kraftaufwand verbunden, da ein Großteil der Tauchausrüstung erst durch die ganze Höhle bis zu der Siphonkette gebracht werden muss. Hier sind grundsätzlich neben den Tauchern zusätzliche Personen als Materialträger erforderlich. Die Siphonkette umfasst insgesamt 8 Siphone. Diese Unterwasserstrecken sind bis zu 120m lang. Zwischen den Siphonen sind die lufterfüllten Räume meist verhältnismäßig kurz, lediglich zwischen dem 2. und 3. Ostsiphon ist eine mehrere hundert Meter lange lufterfüllte Strecke. Nach dem 8. Ostsiphon ist die Siphonzone überwunden und die Höhlengang kann noch etwa 300m durch großräumige Gangpassagen verfolgt werden. Hier ist der aktuelle Forschungsendpunkt an einem gewaltigen Deckenversturz (Hilli-Billi Verbruch) erreicht. Dieser Versturz erscheint nahezu unüberwindbar, das Wasser sucht sich seinen Weg durch das undurchdringliche Geröll. Bisher waren nur drei Taucher in der Lage, diesen Punkt zu erreichen. Der Versturz befindet sich in etwa an einer geologischen Grenze zwischen dem gebankten Kalk und der höherliegenden Gesteinsart, dem dolomitisierten Massenkalk. Färbeversuche haben gezeigt, dass sich der Ostgang noch bis in die Nähe der Ortschaft Pfälzerhof zieht – es ist also erst ein kleiner Bruchteil des gesamten Höhlenverlaufs im Osten erforscht. Die Färbeversuche deuten außerdem auf eine sehr freie Fließrichtung des Wassers hin, d.h. wenig Siphone.

Nordgang (bis Arena):
Der Nordgang der Mühlbachquellhöhle führt nur eine vergleichsweise geringe Wasserschüttung von etwa 20 l/min, dies ist etwa 10mal weniger als der Ostgang. Aufgrund der größtenteils deutlich größeren Gangdimensionen als der Ostgang wird angenommen, dass der Nordgang einst wesentlich mehr Wasser geführt haben muss und einen älteren Teil der Höhle darstellt. Das erste Stück des Nordganges zeichnet sich durch ein außergewöhnlich starkes Sintervorkommen aus. Nach etwa 200m zieht sich mittig in der Decke des Höhlengangs ein gewaltiger Schlot empor, der Augentropfenschacht. Dieser besitzt als einer der wenigen erforschten Schlöte eine befahrbare obere Horizontaletage. Ein Stück weiter mündet seitlich ein interessantes kleines Fließgewässer ein, dem man in sehr schlammigen und engen Spaltengängen noch einige Meter folgen kann. Nach etwa 300m wird der sonst recht einfach zu befahrende Gangverlauf des Nordgangs von einer nur schwer zu überwindenden Hürde unterbrochen – dem Maulwurfsiphon. Auf den ersten Blick erscheint dem Höhlenforscher diese Stelle wie eine Sackgasse, jedoch quillt das unscheinbar Wasser aus einer stark verschwemmten flachen Spalte aus den Tiefen nach oben. Lange Zeit galt dieser Siphon als unüberwindbar, doch schaffte es Manfred Walter in einer beispiellosen Grabungsaktion unter Wasser diese Stelle für den Menschen befahrbar zu machen. Auch heute noch muss der Siphon in regelmäßigen Abständen wieder verbreitert werden, da er sich mit der Zeit mit Flusssand anfüllt. Nach dem Maulwurfsiphon folgt eine lange, sehr einfach zu befahrende Wegstrecke auf der von oben diverse Schlote einmünden. In der sogenannten Arena teilt sich der Höhlenverlauf abermals in zwei Fließgewässer, dem Nordost- und Nordwestgang. In der Arena sind an den höher gelegenen Sandbänken äußerst filigrane Lehmbildungen erhalten, bei denen Tropfwasser und winzige Kieselsteine unzählige Spitzen in der Lehmlandschaft bildeten, welcher bei genauerer Betrachtung wie eine futuristische Großstadt im Modellbauformat aussieht.

Von Jochen Pesahl