Woher der Mühlbach sein Wasser bekommt
– die Dolinen der Mühlbacher Hochfläche
Ein Artikel unseres Mitglieds Jochen Pesahl.
Von dem gewaltigen Höhlensystem, welches sich vom Bergsporn hinter der Ortschaft Mühlbach bis fast nach Hemau erstreckt, sieht man an der Oberfläche im Wald und auf den Feldern relativ wenig. Man weiß, es existiert ein verborgener, gewaltiger Tunnel in etwa 100m Tiefe, welcher sich unter den Wegen, Straßen und Ortschaften hindurchwindet. Die einzigen Anzeichen auf den unterirdischen Mühlbach bilden die Dolinen, welche sich über die ganze Hochfläche verteilen. Auf der Hochfläche existiert kein Fluss oder größerer Bach, alles Wasser fließt über Dolinen in den Untergrund ab. Die trichterförmigen Erdlöcher, welche den Mühlbach speisen, findet man in stattlicher Größe und Anzahl vor allem unterhalb Eutenhofen und im Wald bei Thonlohe. Der unterirdische Mühlbach verzweigt sich innerhalb der Höhle in zwei voneinander unabhängige Wasserläufe: dem Nordgang und dem Ostgang. Der Bach im Nordgang führt weitaus weniger Wasser als der Bach des Ostganges. Das Wasser des Nordganges kommt hauptsächlich aus dem großen Dolinenfeld in der Polje südlich von Eutenhofen. Der Höhlenkundliche Wanderweg Nr. 6 verläuft durch dieses Dolinenfeld und führt an den eindrucksvollsten Trichtern vorbei. Der Ostgang bezieht das Wasser hauptsächlich aus den Dolinenfeldern im Wald bei Thonlohe. Der Ostgang führt wesentlich mehr Wasser als der Nordgang und erstreckt sich vermutlich auch um ein Vielfaches weiter in die Hochfläche hinein.
Da das Wasser über die Dolinen 100m tief in den Untergrund abfließt, ist hinter jedem dieser trichterförmigen Löcher eine Höhle zu erwarten. Obwohl es so viele Dolinen auf der Mühlbacher Hochfläche gibt, sind nur ganz wenige offene Höhleneingänge vorhanden. Grund dafür ist die lehmige Albüberdeckung, also einfach gesagt unendlich viel Dreck und Erde auf der Hochfläche. Der massive Felsen, in dem sich die Höhlen befinden, liegt oft mehr als 30m unterhalb des Waldbodens. So sind nahezu alle Höhleneingänge mit Erde, Schlamm, Ästen etc. für Mensch und Tier plombiert. Unter den wenigen zugänglichen Dolinenhöhlen findet sich leider keine, in der ein Mensch in der Lage wäre, bis zum Mühlbach in der Tiefe vorzudringen. Die Höhlen hinter den ganzen Wasserschlucklöchern sind üblicherweise brutalst eng, schlammig und wenig ansehnlich. Zusätzlich setzt man sich der Gefahr eines plötzlichen Wassereinbruchs durch ein Gewitter oder Starkregen in den engen Röhren aus.
Dolinenhöhlen üben als möglicher Zugang in ein riesiges Wasserhöhensystem auf Höhlenforscher einen besonderen Reiz aus. Allerdings sind diese Höhen im Altmühltal üblicherweise nur für sehr schlanke und kleine Forscher zugänglich. Da man innerhalb der Dolinenhöhlen der Frankenalb oft unvermittelt auf bis zu 30m tiefe, sehr enge Schächte trifft, ist die Erforschung solcher Wasserschlucklöcher nur gut ausgebildeten dünnen Leuten zu empfehlen. Verglichen mit den bekannten Schauhöhlen, wie dem Schulerloch oder der König-Otto-Höhle, sind die Höhlen hinter den Wasserschlucklöchern absolut unansehnlich. Es wird sich um das Altmühltal oder Franken nie eine Doline finden, die für touristische Führungen geeignet wäre. Es existieren in den vom Wasser durchflossenen, engen Röhren so gut wie keine Tropfsteine. Die Wände sind vom ständigen Wasserlauf gekennzeichnet, mal mit Fließfacetten, mal mit typischen scharfkantigen zerfressenen Strukturen. Es geht konstant abwärts in den Untergrund. Der eingeschwemmte zähe Lehm und die feuchten Bedingungen setzten Mensch und Material stark zu. Allzu oft sammelt sich in den Höhlen der Zivilisationsmüll eines ganzen Jahrhunderts an, vom Motorrad bis zu Kriegsrückständen wurde schon alles im Altmühltal aufgefunden. Zusätzlich trifft man nicht selten auf in die Höhle gestürzte und verendete Tiere. Aufgrund der stellenweise brutalen Enge und dem eingespülten Dreck ist es in Franken und im Altmühltal bisher noch nie gelungen, über Dolinen in größere Höhlensysteme vorzudringen. Auch von der Mühlbachquellhöhle selbst kann man über bis zu 40m hohe Schlote in einige Dolinen von unten einsteigen, allerdings kommt der Mensch von dort auch nicht annähernd an die Oberfläche. Allzu oft wird aus einem befahrbaren Gang plötzlich nur eine handbreite Spalte, oder der Höhlengang ist eingestürzt und man steht nur vor losem Blockgestein. Die Tatsache, dass sich in der Mühlbachquellhöhle kein Laub oder Äste im Bach befinden, deutet bereits darauf hin, dass kein direkter befahrbarer Durchstieg von der Oberfläche zum Fluss vorhanden ist.
Durch Ackerbau, die Flurbereinigung etc. sind auf der Hochfläche mit der Zeit sehr viele Dolinen komplett verfüllt worden. Wegen dem dadurch gestörten Wasserablauf wurde u.a. die Ortschaft Perletzhofen um das Jahr 1960 überflutet, welche sich in einer Senke befindet. Heute werden einige noch um die Ortschaften vorhandenen Dolinen wieder renaturiert und der Wasserablauf durch Baumaßnahmen verbessert. Von einigen Dolinen auf der Hochfläche ist von Einheimischen bekannt, dass sie früher offene Höhleneingänge besaßen. Diese Höhleneingänge sind aber mittlerweile leider verfüllt oder vermüllt worden. Vor allem hinter Dietfurt werden auch heute noch etliche Dolinen als Entsorgungsstätte für Müll aller Art und verendeten Nutztieren missbraucht. Da das Wasser nahezu ungefiltert über die Dolinen in die Quelle gelangt, ist das Wasser des Mühlbachs, wie aller anderen Quellen des Altmühltals, nicht trinkbar.
Nicht jede Doline liegt direkt über dem Höhlenbach im Untergrund oder leitet das Wasser gleich gut in die Tiefe ab. Im Altmühltal gibt es einige Dolinen, die zwar sehr schnell Wasser aufnehmen können, aber nur sehr langsam an den Untergrund abgeben. Eine solche Doline ist die während den letzten Färbeversuchen 2010 beprobte Doline bei Ödenhaid. Zwar floss das mit Farbstoff versetzte Wasser in der Doline sehr schnell ab, konnte allerdings bis heute nicht im Mühlbach nachgewiesen werden. In ähnlichen zugänglichen Dolinen sammelt sich das Wasser in den oberflächennahen Höhlenräumen und setzt diese komplett unter Wasser. In Extremfällen kann sich sogar das Wasser über die Höhle hinaus in dem Dolinentrichter an der Oberfläche aufstauen.
Impressionen aus den Dolinen des Altmühltals: